Durchgängigkeit/Spracherwerb Polnisch (Studie)

Studie zur Durchgängigkeit von Spracherwerbsangeboten in Kindertagesstätten, allgemein bildenden und beruflichen Schulen im Landkreis Vorpommern-Greifswald

Der Landkreis Vorpommern-Greifswald verfügt als einziger Landkreis im Bundesland Mecklenburg- Vorpommern in unmittelbarer Grenzlage zu Polen über ein Alleinstellungsmerkmal, das im Hinblick auf den Erwerb interkultureller und nachbarsprachlicher Kompetenzen besondere Ressourcen birgt.

Angebote zum Spracherwerb Polnisch halten ausgewählte grenznahe Kindertagesstätten und allgemeinbildende Schulen im Landkreis Vorpommern-Greifswald vor. Der erfolgreichen Vermittlung des Polnischen stehen jedoch ungünstige Rahmenbedingungen entgegen – dies gilt insbesondere für den frühen Spracherwerb mit aufeinander aufbauenden Spracherwerbsangeboten. In den beruflichen Schulen fehlen Spracherwerbsangebote zum Polnischen gänzlich. Vor diesem Hintergrund hat die Stabsstelle Kommunales Bildungsmanagement (Bundesprogramm „Lernen vor Ort“) des Landkreises Vorpommern-Greifswald auf Grundlage einer Datenerhebung zum Spracherwerb Polnisch in Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen im April 2012 eine Untersuchung zur Evaluation der Spracherwerbsangebote im Polnischen am Institut für Slawistik der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald durch Projektmittel des Bundesprogramms „Lernen vor Ort“ in Auftrag gegeben.

Die Untersuchung wurde in Abstimmung mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern und dem Beirat für deutsch-polnische Bildungszusammenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern sowie in Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Kommunales Bildungsmanagement durchgeführt.

Modul I (Juni 2012 bis Oktober 2013) beinhaltete eine Bestandsaufnahme zu Angeboten der Vermittlung des Polnischen in Kitas und Schulen in Mecklenburg-Vorpommern und deren bildungspolitischen Rahmenbedingungen im Vergleich mit den Bundesländern Sachsen und Brandenburg.

• Gegenstand von Modul II (Mai 2013 bis Februar 2014) war die Entwicklung eines Bildungskonzepts für den Spracherwerb Polnisch mit aufeinander aufbauenden Sprachlernangeboten von der Kita über die Grundschule bis in die weiterführenden Schulen in den grenznahen Gemeinden Löcknitz und Ostseebad Heringsdorf.

Im Rahmen von Modul II entwickelten die Leiterinnen und Leiter der Bildungseinrichtungen der Standorte Löcknitz und Ostseebad Heringsdorf/Ahlbeck in vier aufeinander folgenden Workshops eine gemeinsame Konzeption für das durchgängige Sprachenlernen in der Grenzregion.

Empfehlungen zur Förderung des Nachbarsprachenlernens (Auswahl):

Der Schwerpunkt der Bemühungen zur Verbesserung des Spracherwerbs Polnisch sollte sowohl im frühkindlichen als auch im schulischen Bereich, hier insbesondere in der Primarstufe, liegen und eine Fortführung in den weiterführenden Schulen sicherstellen. Entsprechend der für den Englischunterricht in der Primarstufe geschaffenen personellen, finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen sollte der polnischen Sprache an grenznahen Schulstandorten des Landes eine gleichwertige Aufmerksamkeit eingeräumt werden.

Es wird empfohlen,

• den deutsch-polnischen Grenzraum in Mecklenburg-Vorpommern bildungspolitisch zu definieren. Zu empfehlen ist ein kontinuierlicher und progressiver Fremdsprachenerwerb im Fach Polnisch in einer durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern zu definierenden deutsch-polnischen Grenzregion. An Schulen, die sich in dieser Region befinden, sollte das Nachbarsprachenlernen ministeriell geregelt sein.

• das Immersionsmodell in ausgewählten Kitas umzusetzen. Da das Immersionsmodell in der Kita die Nachhaltigkeit am Übergang in die Grund- und weiterführenden Schulen voraussetzt, wird zur Wiederauflage und Verstetigung des Modells zu Kitastandorten mit weiterführenden Polnischangeboten in der Grundschule geraten.

• einen systematischen und ergebnisorientierten Fremdsprachenunterricht mit Beginn in der Grundschule anzubieten und die Nachbarsprache in der Stundentafel der Primar- und Orientierungsstufe der beruflichen Schulen mit einer ausreichenden Stundenzahl zu berücksichtigen.

• die Anerkennung der in Polen erworbenen pädagogischen Abschlüsse wirksam und nachhaltig zu verbessern.

• qualifizierte pädagogische Fachkräfte für die Vermittlung des Polnischen einzustellen und deren fortlaufende Qualifizierung abzusichern.

• eine durchgängige Polnischdidaktik mit altersgerechten und aufeinander aufbauenden Lehrmaterialien für die Primarstufe und die Sekundarstufe I zu entwickeln.

• eine systematische und nachhaltige Kampagne für die Sprache und Kultur des Nachbarlandes zu organisieren und umzusetzen.

Neben dem Polnischen als Fremdsprache wird aufgrund der steigenden Anzahl von Schülerinnen und Schülern polnischer Herkunft in den deutschen Bildungseinrichtungen auch das Deutsche als Zweitsprache und Polnische als Herkunftssprache in die Konzeption integriert.

Der Prozess wurde durch das Institut für Slawistik (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald) und den Landkreis Vorpommern-Greifswald moderiert und dokumentiert.


Projektverantwortlicher

Dr. Marek Fialek